Zitieren und paraphrasieren

Frage: Für das Theoriekapitel meiner Dissertation habe ich viel gelesen und aus den Quellen passende Zitate herausgeschrieben. Aus diesem Material soll nun mein eigener Text entstehen. Die Zitate umzuformulieren, fällt mir jedoch schwer, weil ich sie sprachlich perfekt formuliert finde. Wie gelingt mir das Umschreiben?

Antwort: Mir begegnet oft, dass Promovierende von der sprachlichen Kunstfertigkeit der Originalquellen sehr beeindruckt sind. Sie befürchten, die Inhalte nicht in gleicher Qualität mit eigenen Worten wiedergeben zu können.

Der Text muss nicht sofort perfekt sein

Zunächst möchte ich daran erinnern, dass Sie die Wahl haben: Sie können entweder direkt zitieren, also nicht umformulieren, oder Sie paraphrasieren.

Erleichternd mag es für Sie (auch) sein zu wissen, dass wissenschaftliche Texte bis zur Veröffentlichung vielfach überarbeitet wurden. Solange Sie Rohtext produzieren, konzentrieren Sie sich auf die Inhalte. Diese müssen noch nicht sprachlich ausgefeilt sein. Erst bei der Überarbeitung geben Sie Ihrem Text den letzten Schliff. Das gilt grundsätzlich auch für Paraphrasen.

So gelingen Paraphrasen:

  1. Lesen Sie den Originaltext in Ruhe durch.
  2. Legen Sie das Buch zur Seite bzw. schließen Sie die Datei.
  3. Schreiben Sie auf, was Sie von dem Text verstanden haben. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche.
  4. Vergleichen Sie Ihren Text mit dem Originaltext. Korrigieren Sie gleich zu ähnlich geschriebene oder nicht schlüssige Aussagen.
  5. Machen Sie sich Randnotizen, wenn Sie einen eigenen Satz sehr gelungen finden oder noch überarbeiten wollen.
  6. Fügen Sie den Verweis auf die Quelle ein. Dieser ist auch bei Paraphrasen unerlässlich.

Das Paraphrasieren ist unbestritten eine kognitiv anspruchsvolle Leistung, mit der Sie zeigen, dass Sie den Sinn der Aussagen verstanden haben und in eigenen Worten wiedergeben können.

Je mehr Sie paraphrasieren, desto mehr offenbart der Text Ihren persönlichen Stil und Ihre ,Schreibstimme´.

Das Paraphrasieren können Sie auf die beschriebene Weise trainieren. Mit der Zeit wird es Ihnen erfahrungsgemäß immer leichter fallen. Entdecken Sie offen und neugierig Ihren eigenen Schreibstil und vertrauen Sie darauf, dass er den wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechen wird.

Ich grüße Sie herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin],

Ihre Dr. Gudrun Thielking-Wagner

E. Liebscher