Mit Selbstzweifeln umgehen

Frage: An meiner Dissertation arbeite ich bereits drei Jahre. In der letzten Zeit merke ich, dass meine anfängliche tatsächlich gigantische Motivation und auch der Stolz auf das, was ich da tue, immer mehr in den Keller rutschen. Ich finde meine Ergebnisse und mein ganzes Forschungsthema irgendwie banal und langweilig und befürchte, am Ende zu versagen. Vielleicht bin ich einfach zu doof und sollte doch lieber gleich aufhören?

Antwort: Eine Doktorarbeit ist ein anstrengendes Langzeitprojekt. Es bringt Höhen und Tiefen mit sich, so wie auch Sie sie erleben. Diese emotionalen ,Achterbahn-Erfahrungen´ sind bei der Mehrheit der Doktorand.innen normal, sie gehören zu einer Promotion dazu. Sie sind also mit Ihren Gefühlen in guter Gesellschaft.

Zweifel haben zu Unrecht einen schlechten Ruf

In Ihren drei Jahren haben Sie bereits intensiv gearbeitet: Ergebnisse und Erkenntnisse gewonnen, vermutlich mehrmals mit Ihren Betreuenden gesprochen und die Dissertation vielleicht schon in Kolloquien präsentiert. Sie haben also schon sehr viel geleistet.

Nun zweifeln Sie an der Relevanz Ihres Forschungsprojekts. Zweifel gelten als Störenfriede, sie ziehen uns den sicheren Boden unter den Füßen weg. Zu Unrecht, denn sie sind für die Forschung unerlässlich. Dass Sie zweifeln, ist insofern positiv: Dies zeigt, wie tief Sie in das Thema eingedrungen sind.  Nur deshalb können Sie überhaupt Bedenken und Fragen formulieren.

Zweifeln bringt weiter

Ihre Selbstzweifel und damit verbundenen Versagensängste sind aber nun einmal da. Vielleicht haben Sie bereits versucht, gegen sie anzukämpfen und erlebt, dass sie dann eher noch schlimmer wurden. Versuchen Sie stattdessen, in einem ersten Schritt Ihre Gefühle ohne Bewertung anzunehmen. Sie sind, wie sie sind und dazu vergänglich. Auf diese Weise gehen Sie mit Ihren Gefühlen und entkommen dem Teufelskreis.

Zweifel ist kein Grund für den Rückschluss,  Sie seien nicht clever und Ihre Forschungsidee uninteressant oder gar banal. Bevor Sie erwägen, Ihre Promotion abzubrechen, erinnern Sie sich an die positive Kraft des Zweifels. Er eröffnet Ihnen neue Felder und hilft, strittige Punkte zu klären. Damit erhöhen Sie die Qualität Ihrer Arbeit.

Letztlich ist dies eine Haltungsfrage. Es lohnt sich, daran zu arbeiten, um die mit Ihrer Dissertation verbundenen Achterbahnfahrten zu bewältigen und vielleicht sogar auch zu genießen.

 

Es grüßt herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin],

Ihre Dr. Gudrun Thielking-Wagner

E. Liebscher