Frage: Mir fällt es leicht, von meinen Kolleginnen Texte zu korrigieren, aber meine eigenen kann ich nur schwer überarbeiten. Gibt es Tipps, wie dies leichter geht?
Antwort: Was Sie beschreiben, betrifft viele Menschen, die schreiben. Wir können von Anderen den Text leicht überarbeiten, weil wir Distanz zu Inhalt, Struktur und Stil haben. Beim eigenen Text sieht das anders aus: Wie haben mitunter viel Herzblut in Passagen gelegt, uns eine Struktur erarbeitet und an Formulierungen gefeilt. Wir sind also nicht nur fachlich, sondern auch emotional involviert. Das macht es schwer, kritisch auf das Selbstgeschriebene zu schauen. Es gibt aber ein paar Tricks, die uns dabei helfen.
Überarbeitungs-Tipp 1: Text ruhen lassen
Wenn Sie die Zeit haben, legen Sie Ihren Text ein paar Tage zur Seite – oder zumindest über Nacht. Zeitliche Distanz hilft, auch emotional Distanz zu unseren Worten zu finden. Dann erkennen wir leichter Aspekte, die wir überarbeiten sollten.
Überarbeitungs-Tipp 2: Text umformatieren
Speichern Sie Ihren Text unter einem anderen Namen ab und setzen Sie die neue Version in eine andere Schriftart und Schriftfarbe. Das wirkt am Anfang mitunter fremd, hilft uns aber, mit „neuen Augen“ auf unseren Text zu schauen und Fehler oder Stilfragen besser zu erkennen. Manchmal reicht es, den Text als PDF zu speichern und dann zu lesen.
Überarbeitungs-Tipp 3: „So what?“ – Was wäre, wenn der Teil nicht drin wäre?
Sind Sie unschlüssig, ob ein Wort oder ein Absatz wirklich nötig ist? Fragen Sie, was wäre, wenn dieser Teil nicht im Text wäre. Würde Information fehlen? Würde der Text womöglich sogar prägnanter? Die Psychologin und Schreib-Beraterin Ulrike Scheuermann nennt das die „So What“-Methode[1]. „So What?“ – Was wäre, wenn …
Überarbeitungs-Tipp 4: Reste-Container
Am schwierigsten ist es, Passagen oder Kapitel zu löschen, die uns gut gefallen. Gegen den „Trennungsschmerz“ hilft ein Reste-Container. Das kann eine eigene Datei sein oder ein Abschnitt am Ende des Textes. Werfen Sie dort alles hinein, von dem Sie ahnen, dass Sie es im Text nicht benötigen, sich aber noch nicht davon trennen können. Wenn Sie dann Ihren eigentlichen Text ohne die in den Container eingefügten Teile lesen, erkennen Sie, ob inhaltlich tatsächlich etwas fehlt.
Probieren Sie es aus.
Es grüßt Sie herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]
Christina Denz
Dozentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
[1] Ulrike Scheuermann, Wer reden kann, macht Eindruck – wer schreiben kann, macht Karriere, Linde Verlag Wien, 3. Auflage 2022.