Fachliteratur effizient einarbeiten: Zwei Methoden für den Schreibprozess

Vignette des [schreibzentrum.berlin] zu Montags-#Schreibtipps rund ums wissenschaftliche Schreiben zeigt einen Doktorhut auf einem BücherstapelFrage: Beim Schreiben passiert es mir oft, dass ich bei einem Sachverhalt unsicher bin oder mir ein Beleg fehlt. Dann verliere ich mich in der Fachliteratur und komme aus dem Schreibfluss. Wie kann ich mit Literatur effektiver umgehen?

Antwort: Das ist ein häufiges Problem vieler Schreibender. Leider ist das Einarbeiten von Fachliteratur ein Arbeitsschritt, der Sorgfalt und stete Überarbeitung bedarf und daher nicht im „Flow“ geschieht. Es gibt aber Möglichkeiten, den Prozess geschmeidiger zu gestalten.  In meinen letzten Blogbeiträgen habe ich bereits betont, wie wichtig es ist, die Arbeit mit Literatur vorzubereiteten. Dazu gehört es, die Literatur zunächst systematisch auszuwählen, um die relevanten Texte zu identifizieren. Außerdem sollte die ausgewählte Literatur nicht nur gelesen werden: sondern darüber gezielt Notizen anzulegen, um sie zu verarbeiten. Auf diese Vorarbeiten greifen Sie beim Schreiben zurück.

Die Produktion wissenschaftlicher Texte umfasst in der Regel zwei Dimensionen: Zum einen formulieren Sie eigene Gedanken, Argumente und Ergebnisse. Zum anderen ordnen Sie die Informationen aus der Fachliteratur neu und bereiten sie entlang einer Argumentation auf. Dafür können Sie auf zwei Methoden zurückgreifen. Im Folgenden stelle ich Ihnen die beiden Methoden vor, die Ulrike Lange „Mosaikverfahren“ und „Lückentextverfahren“ nennt.

Mosaikmethode: Notizen aus Fachliteratur in Rohtext verwandeln

Bei der „Mosaikmethode“ wählen Sie für die erste Rohfassung zu den Abschnitten, die Sie bearbeiten, aus Ihren Exzerpten die dazu passenden Zusammenfassungen und Notizen aus und kopieren sie in Ihr Dokument. Hilfreich ist es, schon eine Vorstellung davon zu haben, was Sie in diesem Abschnitt sagen wollen und in welcher Reihenfolge. Wenn Sie noch keine Gliederung haben oder es Ihnen schwerfällt, eine zu entwickeln, drucken Sie Ihre Notizen aus und versehen diese mit Überschriften oder Schlagworten. So fällt es leichter, eine Gliederung festzulegen, die Sie mit Ihren Textnotizen füllen können.

Lückentextmethode: Den roten Faden zuerst schreiben

Bei der „Lückentextmethode“ konzentrieren Sie sich zunächst auf Ihr Argument und den roten Faden. Sie schreiben eine Rohfassung, die in erster Linie Ihren Gedankengang abbildet. Dabei lassen Sie bewusst Lücken für fehlende Informationen und Belege. Die Lücken markieren Sie mit Platzhaltern, etwa „Beleg fehlt“, „Theorie X erklären“ oder „check“ für spätere Nachprüfungen.

Beide Methoden brauchen noch einen Überarbeitungsschritt

In der Praxis nutzen die wenigsten nur eine Methode.  Mischformen sind häufig. Entscheidend ist, dass beide Verfahren zunächst Rohtexte hervorbringen, die Sie anschließend noch überarbeiten. Beim Mosaikverfahren müssen Sie darauf achten, dass die Notizen nicht unverbunden nebeneinanderstehen. Wichtig ist, sie in einen übergreifenden Zusammenhang zu stellen und mit Übergängen zu verbinden. Beim Lückentextverfahren gilt es, die Lücken zu füllen und die Platzhalter zu ersetzen, um den Text abzuschließen.

Probieren Sie beide Methoden aus und finden Sie heraus, welche für Sie am besten funktioniert. Erlauben Sie sich, unvollständig zu beginnen – und den Text erst später durch die Überarbeitung zu verbessern. Ob Mosaik- oder Lückentextverfahren: Beide helfen Ihnen, den Anfang zu finden und Schritt für Schritt zum fertigen Text zu gelangen.

Viel Erfolg wünscht aus dem Schreibzentrum Berlin

Ihre Dr. Andrea Adams


Literatur:

Ulrike Lange, Fachtexte lesen – verstehen – wiedergeben. UTB Schöningh (2013).

 

E. Liebscher