Mit Geschäftskorrespondenz umsichtig Konflikte lösen

Frage: Ich möchte mit meiner Korrespondenz einen Konflikt angehen: In unserem Weiterbildungs-Institut nutzt ein Kollege unsere wöchentlichen Zweier-Besprechungen immer wieder, um sich über andere Kolleg_innen aufzuregen. Seine Gefühlsausbrüche stressen mich und ich finde die negativen Kommentare auch vollkommen unproduktiv. Ich möchte mich von seiner Art nicht einschüchtern lassen und einen Weg finden, diesen Konflikt zu lösen. Mir liegt es am ehesten, eine E-Mail zu schreiben, habe aber keine Idee, wie sie aussehen könnte.

Antwort: Danke, dass Sie dieses Thema ansprechen. In jedem Büro gibt es zahlreiche kleine und große Konflikte, die ungeklärt bleiben. Das ist nur menschlich. Über manche Konflikte können wir hinwegsehen, andere führen zu steigender Genervtheit, können eskalieren und Energie rauben. Ich finde Ihre Idee gut, berufliche Korrespondenz zu nutzen, um diesen Konflikt anzusprechen. Durch die Schriftform gibt es einen Zeitpuffer zwischen Ihrer Aktion und der Reaktion des Kollegen.

Was uns hindert, Konflikte offen anzusprechen, ist meist die Unsicherheit, wie der andere reagieren wird. Hier hilft der Gedanke, dass letztlich beide von einer guten Arbeitsatmosphäre profitieren.

1 – Mit Geschäftskorrespondenz Konflikte ansprechen: Schildern Sie Ihre Perspektive

Reservieren Sie in ihrem Kalender eine halbe Stunde Zeit, in der Sie einen ersten Entwurf der E-Mail schreiben. Damit anzufangen, fällt leichter, wenn Sie zuerst für sich die W-Fragen auf einem „Schmierpapier“ beantworten:

  • Wer ist in welcher Funktion beteiligt
  • um was geht es genau beim Treffen und was stört Sie?
  • Wann finden Ihre Zweier-Meetings statt, wann finden Sie diese problematisch?
  • Wie würden Sie sein Verhalten beschreiben, wie Ihre eigene Reaktion?
  • Warum sprechen Sie das Thema an?

Beschreiben Sie die Situation erst mal sachlich. Bleiben Sie bei sich und schildern Sie subjektiv Ihre Sicht. Sie dürfen natürlich auch über ungute Gefühle reden, am besten so, als würden Sie damit rechnen, auf offene Ohren zu stoßen. Warum? Die Haltung, mit der wir schreiben, beeinflusst oft den Ton, den wir anschlagen. Danach reservieren Sie sich zeitnah eine weitere halbe Stunde in ihrem Kalender für die Fortsetzung Ihrer E-Mail.

2 – Mit Geschäftskorrespondenz Verständnis zeigen: Wechseln Sie die Seite

Jetzt ist Zeit für einen Perspektivwechsel. Versuchen Sie sich in die Lage Ihres Kollegen zu versetzen: Welcher Frust hat sich wohl bei ihm angestaut? Ist er schon „zu lange“ in Ihrem Institut tätig und hat seine Geduld aufgebraucht? Hat er selbst keine Ideen (mehr), wie er Konflikte mit den anderen Kolleg_innen produktiv klären könnte?

Flechten Sie in Ihre Korrespondenz Verständnis für seine Lage ein – oder fragen Sie in Ihrer E-Mail nach, wenn Sie seine Sicht und Absichten nicht verstehen. Stellen Sie aktiv Fragen, denn dadurch kann Ihre Korrespondenz zu einer Unterhaltung werden. Signalisieren Sie am Ende der E-Mail Interesse, die Situation für beide zu verbessern.

Blaupause für Ihre Korrespondenz mit Satzanfängen

Hier schlage ich eine Reihe von Satzanfängen vor, mit deren Hilfe Sie bei Bedarf leichter ins Schreiben starten können. Satzanfänge sind eine gute Technik, um einen Einstieg ins Schreiben zu finden oder stilistisch einen bestimmten Ton zu treffen.

Lieber …,

    • wie du hoffentlich weißt, finde ich unseren wöchentlichen Austausch über … interessant und …
    • An manchen Tagen habe ich den Eindruck …
    • Es fällt mir schwer … / Ich gerate in Stress, wenn du …
    • Das führt dazu …
    • Ich möchte verhindern, dass die Situation eskaliert … / wünsche mir …
    • Kannst du mir deine Sicht bitte schildern?
    • Ich vermute …
    • Liege ich da richtig?
    • Ich schreibe diese Mail, weil ich mir eine Verbesserung von … für uns beide wünsche.
    • Was können wir in der Sache … tun / ändern?
    • Lass uns bitte die Unterhaltung fortführen, gerne am … um … in …

Einen herzlichen Gruß …

3 – Mit Geschäftskorrespondenz die Weichen neu stellen

Lassen Sie die E-Mail noch einen Tag im Entwurf-Ordner liegen. Lesen Sie sich Ihre hoffentlich friedensstiftende Korrespondenz noch mal durch. Kürzen Sie Stellen, die zu ausführlich geworden sind oder erklären Sie etwas genauer, wo die Verständlichkeit gelitten hat. Wenn Sie möchten, feilen Sie noch am Ausdruck, d.h. an der Wahl Ihrer Worte.

Wie Ihr Kollege den Vorstoß aufnehmen wird, können Sie nicht wissen, aber jetzt besteht die Chance, dass eine Lösung in Sicht kommt. Fassen Sie sich ein Herz – es braucht Mut, Konflikte auf den Tisch zu bringen – und schicken Sie Ihre Mail nun los. Ich empfehle, gleich einen Terminvorschlag mitzuschicken, wann Sie über Ihre Korrespondenz sprechen möchten.

Reflektion

Wie ist es gelaufen?

Ich wünsche Ihnen, dass Ihr Kollege eher überrascht als beleidigt reagiert hat und dass Ihr Gespräch zu größerem gegenseitigem Verständnis geführt hat. In diesem Fall können Sie beide darauf achten, dass Ihre Besprechungen zukünftig wohlwollender und produktiver werden.

Falls Ihr Kollege ablehnend reagiert hat, können Sie trotzdem stolz auf sich sein, den Schritt gemacht zu haben. Sie werden vermutlich mit mehr Abstand reagieren, sollte Ihr Kollege wieder mit seinen negativen Botschaften loslegen. Ein freundliches „Lass uns mit den Sachthemen weitermachen“ dürfte die Besprechung in ruhigere Fahrwasser lenken.

Möglicherweise nutzt Ihnen diese Übung auch, Konflikte mit Kund_innen und Geschäftspartner_innen konstruktiv anzugehen. So vielfältig lässt sich Geschäftskorrespondenz einsetzen.

 

Es grüßt herzlich aus dem [schreibzentrum.berlin]

Ihre Katja Frechen

 

Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie und wann Sie Ton und Informationsdichte in Ihrer Korrespondenz variieren können? Dann lesen Sie den Schreibtipp „Klingt Ihre Geschäftskorrespondenz unentschieden? Texttypen schaffen Abhilfe.

E. Liebscher